Schwarze Briefe und Bürgermeisterreden

Das Radio lief unaufhörlich in dem aufgeräumten und warmen Wohnzimmer von Arcadijs kleinen Familie. Doch er war nicht da. Mal wieder. Wasilisa stieg die Treppen hinauf. In der rechten Hand eine große Tüte mit Lebensmitteln, in der Linken ein Haufen Briefe. Die Tür wurde schon von Borislav aufgehalten, der in der Küche Hausaufgaben machte. ,,Wasser aufstellen! Topf auf den Herd! Heute machen wir mal Abendbrot.", sagte sie etwas glücklicher als zuvor, ,,Wo ist dein Bruder?", ,,Weg.", ,,Wie weg?" Borislav seufzte: ,,Er hat Dinge zu tun.", ,,Das ist keine Entschuldigung!" Sie schüttelte den Kopf und packte die Sachen auf den Tisch. ,,Hast du überhaupt Hunger?" Er schüttelte ebenfalls den Kopf. ,,seufz. Dann schauen wir uns mal die Post an. Hoffentlich nicht nur Rechnungen. Haha." Sie legte den Stapel auf der ganzen Platte aus und öffnete die Umschläge nach und nach mit einem Taschenmesser. ,,Gutscheine... Werbung... Ah, ein Brief von Oma und Opa! Lies ihn dir gut durch, Borislav." Dann entdeckte sie einen etwas ungewöhnlichen Brief. Er lag halb über den Boden, halb auf dem Tisch. In der Dunkelheit des Abends und des scpärlichen Lichts des Zimmers konnte man ihn kaum sehen. Er war völlig schwarz. Ihre Hände wurden schwach und sie legte das Messer weg. Ihr Sohn erkannte den Ernst der Lage und öffnete den Brief. ,,Und? Wie lange noch?" Er legte das gefaltete Stück Papier ab. In seinen dunkelbraunen Augen war Schock und Trauer. ,,Zwei Wochen." Seine Mutter raufte sich durch die Haare und stand ruckartig vom Stuhl auf, der laut knarzte. ,,Wie sollen wir es bis dahin schaffen? Wie hat sich das das Amt denn gedacht?!", ,,Beruhig dich, Mama." Sie lehnte sich über das Waschbecken und schluchzte: ,,Ich meine... Wie soll ich...? So schnell. Zu schnell." Er stand auf und umarmte sie. ,,Arcadij und ich werden schon helfen. Zu dritt sind wir unbesiegbar."

Der Brief blieb liegen. Das Radio blieb an.

 

Shang wachte auf, führte seine Morgenroutine durch und hopste zusammen mit Ivan und Bo an der Seite zum Gymnasium. Ein neuer Tag, ein neues Glück, eine neue Chance auf Besserung. Für jeden. Jedes Mal. Naja, fast für jeden. Manche wollen sich einfach nicht bessern.

Arcadij und die anderen Jungs standen auf einem Haufen um einen Tisch. Alle ihre Augen waren auf ein Tablet gerichtet, welches die Videos ihrer Wünsche an die Wand projizierte. Am besten noch laut, damit die anderen sich selbst nicht hören konnten. Irgendwann hat der Typ mit dem Gerät keinen Bock mehr und Ark nimmt es ihm weg. Dann beginnt eine ohrenbetäubende und ziemlich windige Jagd, denn sie rasten zwischen den Tischen hindurch wie Formel1-Autos. Dabei stieß sich Arcadij immer an den Tischkanten, ließ aber das Tablet nicht fallen. Die anderen Jungs versuchten seinen Verfolger aufzuhalten. Alles endete dann mit einer kleinen Rauferei. Ein echt spektakulierendes Kino. Holt das Popcorn! ,,Du musst auch mal mitmachen.", meinte Ark keuchend zu Shang und schaute sich in seinem eigenen Tablet an, ob seine Haare saßen. ,,Lieber nicht, Arko.", ,,Warum denn nicht? Macht doch Spaß.", ,,Und ist unglaublich laut.", fügte Gerda im Stillen hinzu. ,,Wer hat mit dir geredet?!", schnaubte er sie an und wandte sich wieder dem König zu, ,,Eure Majestät, ich befehle Ihnen, sich uns anzuschließen!", ,,Wen nennst du denn König?", raunte Eliot von seinem Platz aus und zeigte Vogel. 

Herr Deister kam ganz gut gelaunt an und hielt einen Hefter voller Arbeiten in die Luft. ,,2,3. Ich bin sehr stolz..." Er schaute kurz über die ganzen Köpfe und sprach weiter, ,,Äh... Also... Heute setzt ihr euch hin... wohin ihr wollt.", ,,Yes!", knurrte Ark halblaut. ,,Aber... Leise, klar?" Arcadij packte in Blitzgeschwindigkeit seine Sachen und trabte zu Eliot, der ihm nicht einen Blick zusandte. ,,Und Arcad... Keine Bildchen!", ,,Geht klar!", ,,Das ist ein Kerl.", lachte Herr Deister und trank sein Dosengetränk.

Doch nach der Schule kam etwas Unerwartetes.

Die Schüler strömten aus dem Schulgebäude wie Wasser aus einem Becken. Wolkenloses Wetter. Vorerst. Jonas wurde von seinem Vater abgeholt. Gerda wollte gerade zum Bus als sie sah, wie Arcadij von einem Mann und einer Frau (beide relativ stark und kräftig gebaut) aufgehalten wurde. Sie waren offensichtlich von der Nonngarder Polizei. ,,Kostiliev?", ,,Ja? Was ist denn jetzt los? Ich habe dem Laden nichts geklaut, ich schwöre!" Die Polizisten sahen sich an und zeigten ihm einen schwarzen Brief. ,,Wissen Sie, was das ist?", ,,W-Was?... Wurde die Zeit verkürzt?", ,,Auf Anweisung des Bürgermeisters werden nur noch zwei Wochen an alle Leute aus Tridàs gegeben.", ,,Das schaffen wir nicht!" Der Mann packte ihn grob an den Schultern. ,,Hören Sie, wir können das nicht in zwei Wochen!", ,,Ihr müsst euch an die Regeln halten, wie alle anderen auch." Ark schüttelte sich von ihm frei und lief los, doch sie folgten ihm. Die Frau schnitt ihm den Weg ab und der andere legte ihm Handschellen an. ,,Ihr Tridàner seid solche Sturköpfe.", murmelte er und trat Ark gegen das Bein, ,,Das gibt noch einmal ein Goldstück mehr für Beamtenbeleidigung.", ,,Ein Goldstück?!", ,,Ja, du hast ja recht... Machen wir zwei draus." Sie stopften ihn in den Mittelsitz ihres Wagens und faselten dabei etwas Schlechtes über Tridàs. Der schwarze Brief lag auf dem Boden. Trostlos und zugleich fürchterlich anzusehen. Gerda hatte alles ganz genau beobachtet. Ark entdeckte sie und warf aus dem Wagen einen traurigen Blick auf die Schule und dann auf sie. 

,,Schwarze Briefe...", sagte sie laut als der Wagen wegfuhr, ,,Das ist nichts gutes...", ,,Schwarze Briefe weisen auf Verschuldung, gerichtliche Beschlüsse hin.", sprach eine Stimme, die sie aus dem Unterricht kannte. Es war Serkan, der mit seiner Pfeife und neuen Lederschuhen aus Lodrion unter einem Baum stand. ,,Oder Abschiebung in ein anderes Land... Gehört er dir, Gerda?", ,,Nein, er... wurde mir von einem Freund gegeben.", ,,Aha." Serkan wirkte neugierig und fragte: ,,Wie gut kennst du Arcadij?", ,,Huch, den... Naja, niemand kennt ihn wirklich. Er ist sehr geheimnisvoll, was man ihm nicht ansieht. Aber wenn man darüber nachdenkt, entdeckt man einige Lücken in seiner Biographie." Sie seufzte, wünschte Sir Graffield ein schönes Wochenende und lief davon. 

Shang saß am Handy und wartete sehnsüchtig nach einem Anruf seines Bruders, den er seit Wochen nicht gehört hatte. Sorge machte sich in ihm breit und Angst. ,,Er ist so gut wie tot.", sprach Angst schnurrend und legte ihren weißen, buschigen Schwanz auf seine Schulter, ,,Mach dir nichts draus, sonst sterben noch mehr an deinem Versagen.", ,,Kannst du einmal die Klappe halten?", fauchte er sie an, ,,Ich denke nach!" Da klopfte es. Ivan stratzte von der Küche zur Tür. ,,Oh, welch Überraschung.", ,,Wer ist da?", fragte Shang nach. ,,Ich möchte mit Shang reden. Ich bin Gerda aus seiner Klasse.", ,,Ich weiß, wer du bist.", gluckste Ivan, ,,Komm ruhig rein." 

Gerda rannte ins Wohnzimmer und sagte direkt: ,,Mach sofort den Fernseher an!" Gesagt, getan. Auf dem Bildschirm waren bunte Mikrofone vor einem Redepult zu sehen, an dem ein etwas kleinerer, breiter Mann mit blauem Anzug und roter Krawatte stand. Er hatte dunkelblonde, glänzende Haare, einen gezwirbelten Schnurrbart und ein goldenes Monokel am rechten Auge. Der Mann war offensichtlich nervös. aber auch allein an der stotternden Stimme war zu erkennen, dass es sich um niemand geringeren handelte als Owen Smith. ,,Der Bürgermeister verschickt seit zwei Tagen diese Briefe. (zeigt Arcadijs Brief) Ich habe ihn nicht gelesen, aber es ist sowieso klar, was da drin steht." Fragezeichen in allen Gesichtern. ,,Abschiebungen. Zurück nach Tridàs.", ,,Was?!", raunte Ivan wutentbrannt, ,,Das können sie nicht machen!", ,,Warte mal.", zischte Shang_King, ,,Heißt das, dass-?", ,,Ja. Nur noch zwei Wochen." Sie kniete sich auf den Teppich und fuhr fort mit flehendem Ton: ,,Shang, du bist doch der König. Schau, im Fernsehen steht Owen Smith und drängt Menschen in ihr Verderben. Du musst doch was tun!" Ivan schob dazwischen: ,,Woher weiß sie das königtliche Geheimnis?", ,,Ich habe Arcad nicht verpetzt und habe es so erfahren."

Shang brüllte beide an: ,,Seid ruhig! Ich... Vielleicht ist es nicht sein Verderben. Er will doch so gern zurück.", ,,Ja, aber das ganze Land steht unter der Verwaltung von Taifun. Dort ist kein Paradies mehr."

Sie starrten auf den Fernseher und hörten sich angestrengt das Geschwafel von Recht und Ordnung an, was, wie alle wissen, nicht eingehalten wird. Der Bürgermeister hält sich nicht an die eigenen Regeln. Chaos und Geld. Typisch Nonngard.

,,Ich werde schauen, was ich tuen kann.", ,,Vielen Dank, Shang!"

Angst sprach in seinem Kopf: ,,Lass dir Zeit. Was kannst du schon tun?"

Abends kam Serkan mit Maja vorbei, aß etwas Kuchen und verschwand wieder. Shang hatte keinen Bock auf alles auf der Welt. Selbst Hausaufgaben machten ihn krank. Sein Handy ertönte oder vibrierte nicht. Es lag nur so da. Ungerührt mit schwarzem Touchscreen.

Gerda hingegen machte sich auf den Weg zu Arcadij um den Brief abzugeben. Sie klingelte und Wasilisa antwortete am Hörer: ,,Wer ist da?", ,,Gerda aus Arcads Klasse. Ich habe einen Brief für ihn." Im Hintergrund hörte man, wie Arcad aufschreckte und rief, sie soll sie nicht reinlassen. Trotzdem machte Wasilisa auf und Gerda lief zu ihnen rauf. ,,Hier ist der Brief. Ich will auch nicht lange stören.", ,,Ja, geh lieber wieder.", knurrte Ark. ,,Sin (Sohn)!", zischte seine Mutter, ,,Kak ti smejesch! (Wie kannst du es wagen!)", ,,Ladno.(Ist okay.)", sprach Gerda plötzlich, ,,Mne serowno damoj (Ich muss sowieso nach Hause)" Da tauchte Mel hinter Arcadij auf und lehnte sich an ihn. Sie grinste zur Tür hinaus. Gerda sah schnell weg und rannte aus dem Block. ,,Was hat sie denn?", fragte Wasilsa die Jugendlichen. ,,Nichts. Sie hat mich nur nicht hier erwartet.", antwortete Mel höhnisch, ,,Naja, desto weniger Störungen haben wir." Borislav rollte mit den Augen und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgaben.

Eine Woche verstrich ohne jede Information über die Abschiebungen. Auch ohne jede Spur von Doki oder den anderen Wächtern. Angst hielt Shang zurück, irgendetwas zu machen und zerstörte seine Hoffnungen. Eigentlich war es immer Dokitura, der angespannt vor dem Handy saß und auf einen Anruf wartete.

,,Hey, Shang! Gerda hat gesagt, im Park ist es gerade wunderschön verschneit und- Shang?" Er starrte auf den Bildschirm. Bo rümpfte die schwarze Nase und hockte sich neben ihn. ,,Kommst du mit?", ,,Draußen ist es kalt und nass. Es gibt kein Brot in den Läden, weil die Ernte ausfiel, Menschen werden abgeschoben, der Bürgermeister versteckt sich immer mehr, es gibt kein Zeichen von den Wächtern... Nein, ich komme nicht mit." Es stieg Wut in ihr auf und sie entriss ihm die Fernbedienung. ,,Du bist der König! Tu doch endlich etwas, damit das alles nicht passiert.", ,,Verstehst du es nicht? Ich bin nicht für diese Rolle gemacht!", ,,Aber sonst wärst du nicht erwählt worden." Sie legte eine Pfote auf seine Schulter. ,,Es gibt keine Zufälle. Außerdem wird unseren Freunden nichts passiert sein. Dokitura führt sie an und er ist sehr vorsichtig mit seinen Entscheidungen. Ivan meinte, es wäre besser, wenn du jetzt etwas Freiraum schaffst. Kommst du jetzt mit?" Shang blickte zwischen ihr und dem Fernseher hin und her, danach nickte er.

Draußen lag ungefähr einen halben Meter hoher, weißer Schnee. Kein Pulverschnee, der nach wenigen Tagen verpufft, sondern Pappschnee für Schneemänner und Schneeballschlachten. Und ratet mal, wer den Hang runterrannte und die Flocken in die Luft wirbelte. Natürlich Arcadij. An seiner Seite lief Borislav, Eliot und paar weitere Jungs. ,,Wollt ihr auch in den Park?", fragte Shang höflich. ,,Klar! Schneeball-schlacht mit dem Bürgermeister. Let's go!" Die Bande hastete durch die Schneeschicht wie ein Rudel junger, unerfahrener Wölfe. Gerda und Jonas waren bereits im Park und genossen die Aussicht. ,,Och ne, nicht Arcad.", knurrte Jonas. Dieser rief frecherweise: ,,Ey, ihr Weirdos, kommt her! Ich meine Specki und dich, Tranze!", ,,Transe, wenn.", ,,Halt's Maul! Macht einfach mit." Jonas lehnte sich entspannt zurück. Da fiel ein Schneeball genau zwischen die Zwei. ,,Kommt schon!" Gerda grinste ihn an und er nickte ihr zu. ,,Komm schon, Jonas! Zeigen wir ihnen, wie wir kämpfen können.", ,,Nö." Gerda zuckte mit den Schultern und warf einen Ball zurück, der Borislav traf. Er lachte lauthals und zeigte auf seinen Bruder. Shang_King wurde sofort warm ums Herz, aber kalt um die Finger als er den Schnee anfasste. Er formte eine perfekte Kugel und schleuderte sie auf Eliot.

Die Schlacht begann. 

Gerda und Borislav gegen einander. Shang gegen Eliot und Bo. Arcad gegen alle. Plötzlich kam Serkan hinzu, der Arcadij direkt in den Nacken traf. ,,Teenys, da vorne wird gleich eine Rede des Bürgermeisters stattfinden. Seht ihr seine Bodyguards? Seid vorsichtig, denn diese gehören zur Ordnung und werden schnell sauer."

Sie wurden etwas ruhiger, aber Arcadij suchte einen Weg, an den Wachmännern vorbeizukommen. Irgendwann stand Owen Smith auf der Tribüne und eine große Schar an Menschen und Mikrofonen bildete sich um ihn. Serkan musterte Ark und warf ihm einen warnenden Blick zu. Als wüsste er etwas, das niemand anderes wusste. Ein dunkles Geheimnis...

,,G-Guten T-Tag, li-iebe S-S-Stadt.", stotterte der Bürgermeister und richtete seine rote Krawatte, ,,W-Wie jeden Tag, v-versam-m-meln wir un-ns hier für-r N-Neuigkeiten." Er setzte sein Monokel auf und las vor: ,,D-Darf ich euch m-meine neue Sekretä-ö-ärin und Vert-treterin v-vors-stellen? Mrs. P-Pablo!" Hat Shang das richtig gehört? Serkans Blick weitete sich und er zog die Augenbrauen zusammen. Die alte, knochige, jedoch stark aussehende Frau stand am Pult und sprach: ,,Es ist mir eine Ehre, diese Stadt mit dem außergewöhnlich begabten Owen zu regieren. Seit Längerem bin ich auch für Sicherheit und Recht zuständig und ich muss sagen..." Sie suchte mit ihren eiskalten Augen in der Menge nach vertrauten Gesichtern. Als sie Mr. Graffield erblickte, schmunzelte sie als hätte sie auf eine Zitrone gebissen. ,,Es ist eine Katastrophe! Seit Jahren treiben in der Stadt gefährliche Kriminelle umher. Sie tuen sich in Gruppen zusammen und terrorisieren die Straßen. Jugendliche Tridàner!" Entsetzen wurde sichtbar. So ein Entsetzten, wenn jemand hört, dass bald ein Komet einschlagen wird oder so ähnlich. Keiner bezweifelte ihre Rede. Die Mikros und Kameras rückten noch näher. ,,Aber keine Sorge! In einer Woche werden sie alle in dieses Loch zurückkriechen, aus dem sie gekommen sind! Und nie wieder werden wir Flüchtlinge in unsere Stadt lassen. Sicherheit für uns alle!" Ein leises Hurra war zu hören, in anderen Ecken nickte man. 

Plötzlich löste sich etwas und Arko schrie: ,,Wie können Sie es wagen?!", ,,Junger Mann, was meinst du?", ,,Tridàs ist ein wunderschönes Land. Groß und weit! Von Ozean zu Ozean, über Berge, Sümpfe, Wälder, unbewohnte Weiten und goldene Metropolen. Von dem Kern der Sprache, den Volksliedern, Tänzen, Mahlzeiten bis zu den ältesten Kulturen. Kein Land konnte diesem das Wasser reichen!" Mrs. Pablo wirkte überhaupt nicht beeindruckt, im Gegensatz zu Arkos Freunden und Kameraden. Noch nie hat er so deutlich gesprochen. ,,Ich fürchte, dass Tridàner trotzdem niemand leiden kann. Sie sind Wilde und aggressiv gegenüber der ganzen Welt. Ich meine, schau sie an! Keiner hier nennt sie willkommen.", ,,Das ist nicht wahr!", erwiderte Gerda zornig, ,,Diese Menschen leben hier seit langer Zeit und niemand sagte etwas gegen sie.", ,,Das liegt daran, liebes Kind, weil wir nicht wussten, wer sie wirklich waren. Dein Freund neben dir, zum Beispiel, ist ein berüchtigter Dieb. Ja, ich kenne ihn. Das ist der ältere Kostiliev-Bruder, Arcadij, nicht wahr?" Die Menge drehte sich zu ihm und es wurde so angespannt, dass es drohte zu eskalieren. Auf einmal machten sich die Nonngarder bereit, ihn zu verkloppen. Vielleicht sogar zu Tode. ,,Ich bin kein Dieb!", raunte dieser. ,,Lüg nicht! Du und dein elendes Pack werdet zurückkehren in eure nutzlosen Ruinen und sei froh, dass wir euch nicht die Todesstrafe anhängen!", ,,Wieso denn das?" Ark war etwas verwirrt, auf eine wütende Art. ,,Wegen deiner inspirierenden, aber respektlosen Rede gegenüber deinem Oberhaupt." 

Owen schritt ein. ,,L-Lasst uns d-die Red-de b-b-beenden. B-Bitte." Mrs. Pablo sah ihn so an, als würde sie den Bürgermeister auf der Stelle erstechen, wenn sie könnte. Arkos letzten Worte waren: ,,Wissen sie was, Mrs. Pablo? Sie wissen nicht, wie es sich anfühlt, nicht aufgenommen zu werden.", ,,Wie rührend." Shang fühlte eine Hand nach seiner greifen. Bo stellte sich neben ihn. Sein Herz schlug schneller und er versuchte nicht zu ihr zu schauen. ,,Ich glaube, das ist nicht gerecht.", sagte sie ernst klingend, ,,Du musst etwas unternehmen." Und so war es entschieden. Shangs Unentschlos-senheit und Angst verpuffte und er nickte zustimmend. 

Plötzlich spürte er ein heißes Stechen in seiner Brust. Er blickte schnell zur "Bühne" und erkannte, wie ihn Mrs. Pablo anstarrte. Ihre Augen waren wie ausgewechselt. Wobei, nicht wirklich. Sie schaute immer voller Hass, aber da war es noch etwas mehr. Je länger er zurückstar-rte, desto mehr sah er die Augen Taifuns vor sich und ihm war sofort klar: Etwas war faul an dieser ganzen Sache. 

Arcadij wandte sich von allen ab und ging mit gesenktem Kopf und Händen in den Jackentaschen weg. Gerda jedoch, und Borislav, folgten ihm. ,,Arcad, warte doch!", ,,Was wollt ihr?!", fauchte er sie an, ,,Es ist doch alles klar.", ,,Nein, ist es nicht." Gerda hielt ihn an. ,,Ich weiß, dass du mich nicht leiden kannst, aber hör mir bitte zu-", ,,Richtig. ich hasse dich! Und jetzt gehe mir aus dem Weg." Sie ließ ihn wortlos vorbei. ,,Ich habe Shang gebeten, etwas zu unternehmen...", sprach sie zu seinem Bruder, ,,Er kann etwas tun.", ,,Was kann er denn machen?", fragte dieser benebelt. ,,Das ist ein Geheimnis. Aber sage es bitte Arcad, ja?", ,,Ist okay. Und warte. Wieso bist du weggelaufen, als du bei uns warst? Lag das an Mel?", ,,Wohl eher an deinem Bruder und ihr zusammen...", ,,Oh." Er richtete seine Mütze und straffte seine dunkelgelbe Jacke. ,,Sie sind jetzt zusammen." Diese Worte waren wie ein Blitz in der Luft. Aufgeladen und zerreißend. ,,...Okay. Ist Arcad glücklich mit ihr?", ,,Nicht wirklich. Er ist wie ihr Butler und erfüllt möglichst alle Wünsche." Er seufzte und tippte mit dem Schuh im Schnee. ,,Wenigstens wir passen irgendwie auf ihn auf.", ,,Halte mich da raus.", sagte Gerda lächelnd, ,,Ich habe ihm nicht immer gutes getan.", ,,Ich weiß. Das hat er mir erzählt. Aber hey, er meint es nicht so, wenn er sagt, dass er dich hasst. Ich finde, er zeigt halt nicht alles. Und ich kenne ihn etwas länger als du." Er murmelte etwas von Tschüss und war davon.

 

Shang und Serkan saßen nachdenklich am Tisch. Beide schwiegen, was sehr selten war. Der damalige Waffenhändler rauchte seine Pfeife und formte ein Stück Metall für ein Projekt. Shang machte zusammen mit Bo und Maja Hausaufgaben bis Bo ihn anstupste und auf Serkan deutete. Shang wurde murmelig.

,,*räusper*.", ,,Was ist los?", fragte Mr. Graffield grimmig und kaute auf dem Mundstück. ,,Ich will die Abschiebungen verhindern.", ,,Schön für dich." Wieder legte sich eine komische Stille im Zimmer. ,,Als König habe ich das Recht, mit dem Bürgermeister zu reden.", ,,Aha."; ,,Serkan- ich brauche deine Hilfe.", ,,Was soll ich schon tuen?" Er blickte auf und seine eisblauen Augen sprachen Bände der Verzweiflung. ,,Einen Termin ausmachen. Du hast doch Kontakt mit dem Stadtskopf. (Hebriels Wort für Bürgermeister)", ,,Sicher." Serkan legte das klirrende Teil auf den dunklen Holztisch und fummelte sein Handy aus der Tasche des Anzugs. ,,Nachdem ich meine Geschäfte schloss, bin ich mit Owen noch viel besser befreundet.", sprach er ironisiert, ,,Wir sind so dicke, dass er immer das Telefon abnimmt, wenn ich anrufe." Er legte den Hörer an das Ohr.

Piep.... piep..... Piep.......

Als alle dachten, es käme niemand mehr dran, nahm jemand ab.