Ein vergesslicher Offzier

Währenddessen war bei Pieksi plötzlich ein fremder Mann aufgekreuzt, der sich als Offizier von einer "Morgensonne" ausgab. Aber erstmal alles von vorne!

Pieksi war ein sehr fleißiger Kaktus. Sie arbeitete viel und auch sehr gerne. Nachdem die Jungs losgezogen sind, hat sie aber etwas frei genommen und hat sich drei Tage durch nur entspannt. Jedoch liegt ihr Erfindergeist immernoch tief in ihr und sie begann Holz außerhalb der Mauer zu fällen um einen großen Turm zu bauen, von dem man bis zum Dorf blicken konnte. (Fragt garnicht wie sie es ganz alleine geschafft hatte. Sagen wir, sie hat ihre Fleißigkeit von ihrem Vater geerbt) Sie tüftelte auch mehrere Wochen daran. Es musste ein Fundament gelegt, mehr Ressourchen angeschafft und schließlich das erste Zimmer gebaut werden. Freundliche Dorfbewohner, wie der alte Friedrich (der Fischer), kümmerten sich um die Tiere und hofften irgendwann in den Turm zu steigen und das Land zu beobachten. Früher musste man in die kalten, windigen Berge; jetzt kann man einfach vom Turm schauen! Friedrich war so nett und brachte Pieksi einen frischen Lachs mit Ofenkartoffeln von ihrem Beet. Er lud auch viele Händler ein um ihr zu helfen und versprach ihnen guten Lohn für ihre Mühe. Wie man sicherlich merkt ist Friedrich nicht nur der Fischer, sondern auch eine Art Bürgermeister im kleinen Taldorf. Er war der Älteste von allen und sein langer weißer Bart reichte bis zum Boden. Aus Spaß sagten die Kinder er benutze ihn beim Angeln.

Mit seinen warmen Augen mochte er die Leute bei ihrer Arbeit zu beobachten und manchmal lud er alle in seinen Garten ein um alte Lieder noch von Königszeiten zu singen. Als noch Ritter durch die Weiden ritten und Drachen einen Meister hatten. Wo die Krone einen Besitzer hatte und das Herz des Meeres noch am rechten Ort lag. Tief unten im Meer, bewacht von kugelfischartigen Wächtern. Er wusste so viel über die Vergangenheit. Wer weiß, vielleicht ist er Zeitreisender...

Pieksi lieh den Bewohnern Pferde aus, damit sie es noch vor Nachtanbruch in ihre Häuser schafften. Viele sind den Bissen der Zombies zum Opfer gefallen und sie waren Pieksi sehr dankbar als sie sie mit goldenen Äpfeln heilte.  Deswegen waren sie so gutherzig. (Nicht, dass sie es früher nicht waren, aber jetzt hatten sie einen guten Grund, ihr zu helfen)

Aber nach und nach bekam sie Liebeskummer und konnte fast garnicht arbeiten. Da griffen ihr die Menschen unter die Arme und bauten den ganzen unteren Bereich fertig und sie vollendete die Arbeit mit einem prächtigen Turm, der in den Himmel zu reichen schien. Als der letzte Stein gelegt wurde, war das Tal erfüllt mit Jubelrufen. Jeder wollte hoch und alles ansehen. Selbst Huram lobte sie für ihre großartige Arbeit und Magnus grillte für alle Kartoffeln am Feuer. 

Einen Tag nach der Eröffnung des Turms war wieder Ruhe eingekehrt und Pieksi gönnte sich einen freien Tag.

Am Morgen wachte sie fröhlich und gelassen auf um die Sonne zu genießen, machte sich etwas zu essen und lief nach dem Frühstück über den Strandsand. Mit Blick nach Osten hoffte sie, dass es den Jungs da draußen gut ging.

Da bemerkte sie einen gesreiften Strandkorb am Ufer (der noch nie da gestanden hatte) und offensichtlich saß jemand da drinn. Sie näherte sich wachsam dem Menschen. Im Korb saß mit überkreuzten Beinen ein Mann, der seine Augen geschlossen hatte und eine braune Mittelscheitel-Frisur trug. Seine Haut war ziemlich gebräunt und er schein schon ziemlich lange dort zu verweilen. ,,Hallo?", ,,Oh, hallo." Er lächelte und holte ein Buch aus seiner Ledertasche, die um seine Schultern gebunden war. ,,Wer sind Sie und was machen Sie hier?", ,,Wieso fragt Ihr?", ,,Weil das mein- unser Grundstück ist." Er blickte sich aus dem Strandkorb um und bemerkte die großen Mauern und den Turm. ,,Ah. Das ist also Ihr Zuhause?", ,,Ja und ich kenne Sie nicht." Er stand ruckartig auf, legte seinen rechten Arm an die Stirn und sprach (auswendiggeübt):,,Ich bin Dittmad, Oberoffizier der Morgensonne und rechter Arm des Generals. Und Sie?", ,,Ich bin Pieksi, Tochter des verstorbenen Silverrider.", ,,Silverrider?!", fauchte er und ging ein paar Schritte zurück. ,,Ja, aber ich habe mich nie für unsere Familiengesellschaft interessiert. Mein Onkel ist jetzt Oberster.", ,,Ah okay." Dittmad ging wieder zwei Schritte vor. ,,Und was machen Sie hier?", ,,Mein General hat mir diese Koodrdinaten gegeben und gemeint, ich sölle mir Urlaub nehmen. Also hat mich jemand hierher gebracht und diesen Strandkorb aufgestellt." Er überreichte ihr einen mysteriösen Zettel auf denen verwischte Zahlen standen und ein Name. Dittmad. Der Zettel war tausend Mal gefaltet worden und sehr alt, gelb und an den Rändern verkohlt. Es gab auf der Rückseite ganz klein mit schwarzer Tinte geschrieben ein Datum, aber um es zu lesen braucht es Adleraugen oder eine Lupe wie bei einem Fernglas.

,,Aber an mehr kann ich mich nicht erinnern.", unterbrach der Offizier ihre Gedanken und kratzte sich die hellbraunen, beinahe blonden, Haare am Hinterkopf. ,,Urlaub mit so einer kleinen Tasche?", ,,Schon komisch. Er hat mich hier abgesetzt und hat nichtmal Tschüss gesagt.", ,,Wer denn?", ,,Mann oder Frau mit einer lila Kapuze und lila Augen. Habe es nie wieder gesehen." Pieksi grübelte etwas über dem Zettel. Das Datum und die Koordinaten wurden mit der selben Schrift, aber definitiv nicht mit der gleichen Farbe geschrieben. Fingerabdrücke, Fehlanzeige. ,,Wollen Sie mit ins Haus?", fragte sie ihn offen als sie einen Sturm aufziehen sah. ,,Natürlich." Er tat alles in seine Tasche und lief hinter ihr zu dem Strandhaus mit dem Steg und den Weiden weiter weg. ,,Schön ist es hier.", ,,Nicht wahr? Mein Freund und ich haben das alles vor knapp fünf Jahren aufgebaut und diesen Turm da, der ist erst gestern erst gestern fertig geworden.", ,,Hm. Wo ist denn Ihr Freund?", ,,Das... weiß ich nicht." Sie öffnete die Türe und ließ ihn eintreten. Der Oberoffizier schien sehr verträumt, wenn nicht gar verwirrt und benebelt zu sein. Das meiste was sie sagte, ging in ein Ohr rein und aus einem raus. Er fühlte die Wand mit den Händen und murmelte etwas von "Holz kann sehr schnell verbrennen, wenn man nicht aufpasst". Pieksi ignorierte diese Aussage, aber machte sicherhaltshalber das Feuer aus. ,,Honig und Tee?", ,,Immer gerne." Sie setzten sich an den kleinen, aber feinen Tisch und machten Kaffeepause, obwohl sie gerade gefrühstückt hatte.

,,Erzählen Sie mir etwas über sich! Wer ist die Morgensonne und ihr General?", ,,Es tut mir leid, aber ich kann mich an nichts mehr erinnern.", ,,Wie? Sie hatten mir doch gerade etwas erzählt von einer Morgensonne.", ,,Ja, aber das waren nur Worte, die ich mir gemerkt habe. Außerdem weiß ich auch nicht mehr, wie mein General hieß... Ist es überhaupt ein General? Vielleicht ein Marschall oder so...", ,,Kann ich dich duzen? An was kannst du dich denn erinnern?", ,,Feuer.", ,,Feuer?", ,,Viel Feuer. Eine ganze Stadt in Flammen, Massenpanik und zwei gelbe Augen, die versuchen, sie zu töten, es aber nicht schaffen durch unser magisches Schutzschild zu kommen." Pieksi wurde gespannt und lehnte sich vor. ,,Gelbe Augen?", ,,Ja und eine große Narbe über dem Gesicht. So ungefähr." Er strich mit vier Fingern über die rechte Wange über den Hals. ,,Dann höre ich jemanden schreien: Pass auf! Und dann Schwärze. Ich wache im Boot auf und werde hier abgesetzt. Als ich den Zettel sah, dachte ich an Urlaub. Also habe ich es mir gemütlich gemacht und bin eingeschlafen." Der Kaktus malte sich seine Einnerungen aus und dachte an einen schrecklichen Überfall und dass ihn jemand schlimm auf den Kopf geschlagen haben muss.

,,Tut dein Kopf weh?", ,,Er brummt ab und zu und dann schlafe ich einfach ein.", ,,Gehirnerschütterung.", dachte sie sich und sagte ihm, er solle sich in der zweiten Etage gemütlich machen und sie versucht das Datum zu lesen, welches auf der Rückseite des Zettels stand.

Sie nahm ein Vergrößerungsglas und hielt es über die geschwungene Schrift der schwarzen Tinte. (Diese war sehr ordentlich gefiltert und sichtbar wasserfest und teuer) Und dann erkannte sie das Datum. Es war der 13. Juni. vor zehn Jahren. Dittmad hatte vor zehn Jahren hier Urlaub gehabt. Das erzählte sie ihm sofort und er wurde noch verwirrter. ,,Da haben wir noch nicht hier gelebt.", ,,Uff." Er rieb sich den Ellenbogen an der Wand um ihn zu kratzen. ,,Ich finde schon heraus, woher du kommst.", ,,Danke, Silverriderin!" Er legte sich gegen Mittag schlafen und sie durchsuchte die Bücherregale auf dem Dachboden.

(Sie war nicht der größte Bucherfan, im Gegensatz zu Shang, aber Dokitura wollte unbedingt welche haben und sagte immer:,,Irgendwann werden sie nützlich sein!" Und jetzt war dieser Moment gekommen.) Sie suchte nach "M" auf den Schildchen, die aus dem Regal hingen. Und tatsächlich fand sie ein großes, dickes, voller dünner Seiten bespicktes Legendenbuch mit der Aufschrift "Das königtliche Land und seine Unterstützer". Shang hätte es verschlungen, aber sie tat es sich nicht leicht, es zu lesen. Zum einen, weil die Schrift zu klein war und zum anderen, weil es in der altkönigtlichen Sprache geschrieben war. (Shang konnte jede Sprache im Königreich fließend und von diesen gab es drei. Den nördlichen, etwas groben Sprachgebrauch, den alten und die weit verbreitete neulänische Sprache, die ursprünglich vom Sultanreich abstammte) Pieksi fand aber doch etwas über die Morgensonne heraus. ,,Als der König das Land beherrschte hatte er drei Gehilfen. Die Fürsten der Silverrider, die sich um die Sicherheit kümmerten, die Morgensonne, die das Land zu versorgen hatte und den Orden des Raben. Nur zwei der Gesellschaften hatten ein Anrecht auf die Krone. Nachdem der König starb, entstand Krieg zwischen den mächtigen Silverridern und der beliebten Morgensonne. Der Orden des Raben verschwand spurlos und wurde nur noch in Legenden erwähnt, während die zwei anderen Gehilfsgruppen Jahrzehnte kämpften und schließlich in ewiger Feindschaft außeinander gingen.", fasste sie für Dittmad nochmal zusammen und er nickte quietschvergnügt, weil er sich wieder an etwas erinnerte.

Die Nacht kam immer näher. Pieksi hatte es geschafft, etwas Fische zu fangen und Dittmad schlief die ganze Zeit im Strandkorb. (Er hatte es dringend nötig). Aber er konnte nicht ewig bleiben. Pieksi musste ihm ein Haus bauen, wenn die Zeit reif ist. Oder ihn zurück zu seiner Heimat bringen, aber wie?

Vielleicht wäre das beste zu warten bis er sich erinnerte und selbst den Weg findet. Innerlich hoffte sie einfach nur, dass die Jungs zurückkehren werden. Und heile.