Unterwasserwächter

 (Wieder bei Pieksi und Dittmad im "U-Boot" mit Tilo und den Katzen)

,,Friedrich, ich muss dich wieder bitten, auf unseren Hof aufzupassen." Der alte Fischer strich sich über den Bart und nickte langsam. ,,Passt nur auf euch auf. Niemand war so richtig unter Wasser. Nur einer der Silverrider hat es dennoch bis zu einem Unterwassertempel geschafft. Aber was kümmert das mich. Der Wald und der Fluss ist mein Zuhause." Er meinte dabei den Fluss des Großen Berges. Wie Friedrich erzählte, begannen alle Reisen dort, auch wenn er noch so klein und seicht zu seien scheint. Dort wimmelte es nur so von Lachs. Jahrhunderte lang fischten Menschen dort um ihr Dorf zu versorgen. Man sagte, der Fluss sei aber weit mehr als ein Versorger. Er war ein Geist. Der Geist des Wassers. In Form eines Delfins kommt er und bewahrt die Leben der Seefahrer vor den reißenden Stürmen.

Dittmad kurbelte an einem metallischen Ding des U-Boots, während Pieksi ganz aufgeregt Tilo umklammerte. Die Luke fiel zu und Wasser umhüllte die Außenschicht. Die Wellen schlugen aneinander und sie tauchten ein in die Unterwasserwelt. 

,,Los geht's! Wir haben einen Fluch zu brechen.", rief Dittmad stolz, setzte seine Kapitänsmütze auf und steuerte tiefer in das Meer. Plötzlich hörte Pieksi etwas maunzen. Es waren Amira und Anela. Tilo zog sich schnell unter den Sitz zurück, als ob die zwei Katzen ihn blenden würden.

,,Weißt du überhaupt, wohin wir fahren?", ,,Zu dem verschollenen Tempel. Alle Schätze liegen dort.", ,,Vielleicht soll er weiterhin verschollen bleiben.", murmelte Pieksi. Sie blickte Dittmad von hinten an und fragte: ,,An was kannst du dich erinnern?", ,,An alles.", antwortete er einfach, ,,Wie ein Blitz hat es mich getroffen, als wir in St. Sulfrago waren. Unglaublich." Er sah zu ihr zurück. ,,Ich fürchte, nach diesem Abenteuer muss ich meinen General finden. Er ist noch irgendwo da draußen." Der menschliche Kaktus nickte verständnisvoll. Dittmad fing an zu erzählen: ,,Ich lebte mal in Lavaredìnia, der größten Stadt des Sultanreichs. Du hättest diese Stadt sehen sollen! Türme aus Glas und Lichter an allen Ecken. Projektionen an den Wänden, bunte Werbung, nette Leute und der Ozean vor den Füßen. Ich hatte meine Freunde dort. Elvis und seine Schwester. Als wir Kinder waren, gingen wir zusammen mit ihrem Großvater in den Schwarzwald. Klingt gefährlich, war es aber nicht. Er war der erfahrenste Jäger des ganzen Reiches. Mit der Magie der Scharfaugen konnte er weiter sehen als Adler nur zu träumen wagen." Er seufzte. ,,Als ich älter wurde, musste ich leider fort. St. Sulfrago wurde meine Heimat. Ich erfuhr vom Tyrannen Taifun, der Lavaredìnia erobert hat. Ich weiß nicht, was er mit dem Sultan angestellt hat, oder was er Elvis oder Elvinaria angetan hat. Ich hatte lange Zeit ein schlechtes Gewissen, weil sie da draußen ums Überleben kämpfen und ich am warmen Kamin sitze." 

Das Blau des Wassers schien durch die Luken und das Vorderfenster. Er schaute genau hin um nicht an ein Riff zu knallen. Doch auf einmal wackelte das ganze U-Boot. Panisch krallte er sich in das Steuer und drehte es mit aller Kraft nach Rechts um einem großen Stein auszuweichen. Tilo fauchte die Luke an. Luftblasen stiegen auf und zogen das Boot nach unten. Ein Auge schwamm an dem Vorderfenster vorbei und blickte genau zu ihnen rein. Es war wie ein großer Kugelfisch mit langem Ruderschwanz und einer Flosse. Orangene Stacheln rutschten an seinem blau-grünen Schuppen. Weitere dieser Viecher schwammen an und sendeten Strahlen an Luftblasen auf sie zu. Tilo warf ihnen einen tödlichen Blick zum, doch es waren zu viele. Dittmad's Stimme zitterte. ,,verdammt; Wir sinken!!" Das U-Boot gab einen langen, tiefen Laut von sich und Angst ergriff sie alle. ,,Ich fürchte, wir müssen hier aussteigen." Dittmad schaltete auf Autopilot und sprang zu ihnen. Er schmiss einen Trank der Unterwasseratmung auf den Boden und alle bekamen etwas vom Zauber ab. Im selben Moment brachen alle Luken ein und Wassermassen strömten ins Innere. ,,Raus hier!", schrie Dittmad und trat die Tür ein. In einer Reihe schwammen sie in das Meer. Die Riesenkugelfische folgten ihnen und in wenigen Minuten waren sie eingekreist. ,,Du.", sagte einer und näherte sich Pieksi, ,,Suchst nach Vergebung für deinen Fluch. Und du." Dittmad. ,,Suchst nach Antworten auf deine Fragen. Ihr werdet sie bekommen. Ihr müsst uns zum Großen Wächter folgen.", ,,Können wir euch vertrauen?", fragte der Offizier misstrauisch. Der Fisch antwortete: ,,Ihr seid hier eingedrungen. Wenn ihr leben wollt, müsst ihr uns folgen und vertrauen." Im Kreis wurden sie tiefer zum Meeresgrund getaucht, während das U-Boot immer weiter sank. 

Nach kurzer Zeit erspähten sie einen Unterwassertempel. Er war so wunderschön und glitzerte bei Sonnenlicht im Wasser wie der Sternenhimmel. Türme und Zinnen umgaben eine Pyramide mit einem einzigen Eingang. Dort waren die meisten Cyclopfische. Sie schauten sie an wie Fremde, die weder eingeladen, noch unwillkommen waren. Wie alte Bekannte, die unerwartet gekommen sind. Im Inneren der Pyramide war ein Saal. In diesem war ein besonders großer Fisch, mit grauen Schuppen und blauen Stacheln. Dieser sprach mit blubbriger, komischer Sprache: ,,Ich habe euch schon erwartet, Fluchbrecher." Überrascht sahen sie ihm ins Auge. ,,Woher weißt du dass wir... einen Fluch brechen wollen?", ,,Es liegt an dir Pieksi. Ich sehe deine Anwesenheit schon voraus.", ,,Liegt das am gefischten Papier?", ,,Hast du es?" Sie holte eine Flasche mit einem Papierstück hervor. ,,Oh ja.", sagte der Wächter, ,,Ja, das ist es." Zwei Wachen trugen es zu ihm. Es schien ruhiger geworden zu sein. ,,Aber ich habe noch eine Frage.", ,,Sag, Pieksi.", ,,Welche Giganten sind das, die auf dem Papier beschrieben worden sind? Und dieser Mann ohne Augen?", ,,Du hast es also gelesen?", lachte er, ,,Nun. Es sind komische Zeiten in denen wir leben. Dunkle Mächte sammeln außerhalb der Grenzen des Königreichs. Taifun ist nur der Anfang einer viel größeren Gefahr." Damit schickte er sie zum Strand. 

Pieksi spürte eine unnatürliche Leichtigkeit. ,,Pieksi! Deine Stacheln; die sind weg." Und tatsächlich. Wie von Zauberhand ist die Kaktushaut verschwunden. Die sonst grünlichen Haare wurden blond, wie vor vielen Jahren. Vor Freude konnte sie nur noch lachen und springen, wie ein Kind. Dittmad lächelte nur erschöpft und setzte sich in den Sand. Tilo hüpfte aus dem Wasser und drückte sich an Pieksi. ,,Ich- Das ist unglaublich! Ich bin wieder ein normaler Mensch." Sie kniete sich neben Dittmad. ,,Danke dir." Er blickte sie kurz an, nickte und sah wieder hinaus auf's Meer. ,,Wenn Doki wieder zurück kommt... Der wird vielleicht Augen machen!", ,,Ich hoffe er kommt bald.", murmelte der Offizier, ,,Ich muss nämlich los.", ,,Wohin? Was hast du vor?" Er strich sich den Sand von der Hose und half ihr hoch. ,,Es gibt Fragen auf die ich eine Antwort finden muss. Ein Stichwort ist mir in den Sinn gekommen. Taifun. Ich muss meinen General suchen!", ,,Das verstehe ich." Sie senkte den Kopf und umarmte ihn. ,,Hoffe, dass du nicht vereinsamst ohne mich.", ,,Ach, ich habe noch Friedrich.", lachte sie, ,,Der wird sich bestimmt über diesen Erfolg freuen." Sie hielt kurz inne. ,,Aber ich hätte das alles nicht ohne dich geschafft." Dittmad seufzte: ,,Dafür sind Freunde doch da." Er streichelte Amira über den Kopf. ,,Die nehme ich mit, nicht wahr, kleiner Lichtgeist?" Die kleine Katze miaute aufgeregt. Und so verabschiedete sich Dittmad von Pieksi, Tilo, Anela und Friedrich. Er versprach aber, wieder zurück zu kehren. Irgendwann.