Drache!

Der Weg war steinig und glatt. Mit großem Glück konnten sich die Tiere auf dem Geröll halten. Noch dazu kam dichter Nebel, der das alles noch erschwerte. Jeder Schritt hätte ihr Untergang seien können, aber sie schafften es trotzdem über die Anhöhung zu kommen. Als der Nebel aufstieg, hatten sie die perfekte Sicht auf all die Handelswege, die in diesem Teil der Welt (dem Reich des Königs / dem verfluchten Land) gebaut wurden. ,,Jetzt hier runter. In den Handelsweg zwischen den Bergen." Donnerhau zitterte ein wenig. Vor Kälte oder vor Angst?

,,Zuerst ganz weit hoch, dann wieder steil runter.", mekerte Dokitura und zog die sture Eselin hinter sich her, während Interru die Skyline in sein Tagebuch zeichnete. Die Sonne stand noch im Osten, aber ließ schon den Schnee auf den Gipfeln etwas zurück tauen, so dass sie den Pfad noch verfolgen konnten. Immer wieder bröckelten wenige Steinchen von der Felswand und rießelten auf ihre Helme. Oder Hüte. Trotz der gefährlichen Wände, sprang Schattenherz mit Interru auf dem Rücken von Fels zu Fels wie eine Bergziege. Als würde es sie garnicht jucken. Die Anderen folgten den Weg ruhig und doch angespannt. Wer weiß, was passieren kann.

Irgendwann trat Pegasus auf erdigen Boden. Der Erste hatte den Handelsweg erreicht. Und wie groß der Handelsweg war! Quer durch das gigantische Tal.  Von Einer Seite und von der anderen strömten fahrende Händler mit ihren Lamas oder Eseln her. Wenn sie müde waren, legten sie sich am Rande hin und grüßten bekannte Händler. Manchmal, wenn sie Lust hatten, unterhielten sie sich und grillten am Lagerfeuer. Einer (mit Schnurrbart und Brille) hat eine Staffelei aufgebaut und malte ein einzelnes Mohnblümchen, begraben unter Straßenkies. Es söllte zeigen, dass selbst unter den schwersten Bedingungen, Leben erblühen kann. 

Als sie die Abenteurer die Klippen hinunterstolpern sahen, bildete sich ein großer Stau auf der Strecke, weil sie sie alle sehen wollten. Wer würde schon den steilen Berg runterreiten wollen? Und noch vollbeladen und mit Maulesel. Donnerhau kam sich dabei ein bisschen verrückt vor. Für Interru war das normal, von allen Seiten angestarrt zu werden. Einen schwarzen Reiter sieht man auch nicht alle Tage. Auch keinen Panda mit dem Wappen der Silverrider auf dem Schild. ,,Moin Donnerhau! Was'n das für eine Truppe?", rief der schnurrbärtige Mann mit der Staffelei. (anscheinend der örtliche Kartograph)

,,Bill, das ist Shang_Xi, der Bruder von Dokitura, Dokitura selbst, Interru

der schwarze Reiter und ich.", ,,Interessant.", murmelte der andere und meinte:,,Los Leude, verkauft euren Kram! Lasst die guten Herrschaften doch wenigstens vom Berg klettern." Ohne ein weiteres Wort löste sich die Menge auf, obgleich sie noch immer alle neugierig musterten.

Shang konnte endlich runter und der Hutmann auch. Nur Dokitura mehrte noch ewig rum. ,,Was ist denn nur da oben los?", ,,Die Mauleselin will nicht."  Er zog und zog sie, aber sie war dickköpfig und bewegte sich kaum von der Stelle. Erst als ein Stein hinter ihr abfiel, schreckte sie etwas auf und bewegte sich wieder.

Anschließend waren auch sie unten angekommen und ritten weiter in Richtung Ost. 

,,Ey, Donnerhau!", rief eine junge, klare Stimme hinter ihnen. Alle, selbst der Kartograph, drehten sich um.

Es war der Bäcker Ilai mit zwei Lamas. ,,Hey!" Er winkte fröhlich und zerrte an den Leinen seiner Lamas (dabei schwitzte er sehr, aber lächelte noch) ,,Wohin geht's?" Donnerhau antwortete mit einer Gegenfrage:,,Was willst du, Ilai?", ,,Ich habe mir gemerkt, dass ihr auf eine Reise geht und wollte unbedingt mit und..." Er holte ein Brot aus seiner Tasche, ,,Mein Brot in fernen Ländern verkaufen.", ,,Willst du mich veräppeln? Geh heim."

Er spornte Pegasus an und sie folgten weiter dem Weg. Nach zehn Minuten fragte der Waffenschmied:,,Lasst mich raten; Er ist immernoch hinter uns?", ,,Jap.", sagten sie im Chor. Der Bäcker winkte ihnen zu. 

Donnerhau seufzte niedergeschlagen. ,,Außerdem", fügte Ilai hinzu, ,,Braucht ihr Vorräte, oder nicht?", ,,Danke, wir haben genug Steak." Interru warf ihm einen finsteren Blick zu. ,,Ich glaube, für Vegetarier wäre Brot eine gute Alternative. Wir nehmen ihn mit.", ,,Was?!", ,,Ja.", sagte er genauso eiskalt wie Pieksi als sie ihnen erklärte, sie sollen wieder zusammen reisen. ,,Na schön. Du darfst mitkommen."

Ilai sprang vor freude in die Luft. ,,Du nimmst den Maulesel.", ,,Danke, Freund.", ,,Wir sind keine Freude!" Ilai sah ihn nur mit seinen grünen Augen an und fuhr sich durch die blonden Haare. Dokitura war sehr erleichtert als der Esel endlich von ihm abgebunden war. Da fragte Ilai nach einem Gefallen und Doki musste seine Lamas ziehen.

Das Tal war breit, aber wurde immer enger. Je mehr sie nach Osten gingen, desto mehr kleinere Wege kamen dazu, die sich immer wieder verzweigten. ,,Ist das der Weg?", ,,Nein.", ,,Und der?", ,,Immernoch nicht." Shang hatte Angst einen Fehler zu machen. Man konnte sich glatt verlaufen, aber irgendwie quetschten sie sich durch eine Menschenmenge und waren hinter den Bergen. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie haben das Tal verlassen.

,,Nach links.", sagte er an und Donnerhau lenkte sie dort hin. Von rechts kamen sehr viele, aber von links kein einziger. Die Straße (aus Bruchstein errichtet) war lange nicht besucht worden. Dicke Staubschchten lagerten sich ab und Doki musste immer niesen.

Links sah man die Berge, rechts einen dichten, schwarzen Wald.

Je weiter sie kamen, desto unsicherer wurden sie. ,,Wieso kommen keine Händler? Ist das nicht komisch. Auf einer Seite ganz viele, auf der anderen keine.", prustete der Schmied. ,,Ja sehr komisch."

Die Pferde und Lamas wurden etwas unruhig, als sie an einer Abbiegung standen und auf eine riesige Weide blickten. Mit einem Fernrohr beobachtete Interru die Gegend. ,,Hm...", ,,Was Hm?", ,,Habt ihr schonmal ein Einsiedlerhäuschen mit brennendem Dach gesehen?", ,,Was? Zeig mal her!" Donnerhau entriss ihm das Rohr und riss schockiert den Mund auf. ,,Willy! Unser Schäfer!" Er gallopierte ohne zu Warnen los und die anderen folgten ihm. ,,Du bleibst hier, Shang!", ,,Aber-", ,,Nichts aber! Wer weiß, was da ist. Versteck dich hinter dem Felsen da!" Er zeigte zum Bergschatten und reichte ihm die Lamas.

Dann war er weg.

Shang_Xi war enttäuscht von sich selber. Kann er etwa noch nicht gallopieren? Oder war es wirklich zu gefährlich? Als er sich vertsteckte, war er in Sicherheit, aber irgendwie (kam es ihm nur so vor?) verdunkelte sich die Sonne und die Schatten der Berge bewegten sich. Stein vor Stein rückten sie weiter. Das war gruselig.

Er schaute vorsichtig hinter dem Felsen hervor. In dem Moment streckte sich eine gigantische Pranke hinter dem Berggipfel hervor und ein großer Kopf mit langem Hals streckte sich empor. Eine rote Drächin mit gelben Augen und tiefen Narben beäugte die Weiden.

Erschrocken zuckte er zurück und sein Puls stieg auf extrem hoch. Hat sie ihn gesehen? Soll er die anderen warnen? Aber wie?? Sie waren viel zu weit weg. Vielleicht ein Zeichen geben?

Keine Zeit zum Nachdenken! Die Drächin hob sich knapp über dem Boden in die Luft und schwebte zum Häuschen. Shang_Xi konnte nicht einfach nichts tuen. Er ließ die Lamas frei und schmiss die Leinen wie Lassos nach ihrem Bein. Dabei machte der rote Drache so ein Geschrei, dass die anderen sie bestimmt gehört haben müssen.

Weißfleck erschrak und raste in den Wald (Ebenso die Lamas)

Die Drächin machte kehrt und knurrte jetzt Shang an.

,,Oh ne, oder?" Er schmiss die Leine hin und rannte in eine Höhle.

Die Drächin wollte aber nicht ihn, sondern Hippogryphen, die in der Gegend flogen. Durch diesen Lärm würden sie aufgescheucht werden, aber das hat nicht funktioniert. Sie flog wieder hinter den Berg und wartete. Dokitura, Donnerhau und die anderen versteckten sich ebenfalls mit einem ohnmächtigen Schäfer in der Höhle. Über ihnen krachte es und war lauter als bei einer Lavine. Die Erde bebte. All Licht erlosch und es schien, als würde die Welt untergehen. Die Pferde hielten es nicht lange aus und rasten in den Wald. ,,Pegasus!", ,,Wind!" Doch es war zu spät. 

Die Drächin hat sie entdeckt und feuerte einen glühenden Feuerball in den Wald. Ein tiefer Krater  trat auf und Asche regnete vom Himmel. Das geflügelte Wesen flog ab und schnappte nach den Hippogryphen, die endlich wach wurden und zu flüchten versuchten. Sie verschlang sie mit einem Happs und suchte nach den Pferden und Lamas, konnte aber bloß verbrannte Erde finden. Enttäuscht flog sie davon.

Da standen sie nun. 

Keine Pferde, keine Mauleslin mit Steaks und keine Lamas mit Kisten vollgestopft mit Brot. 

Die Nacht kam immer näher. Mitten im Frühling fing es an zu schneien und noch dazu war es kalt. So kalt.

Dicht an dicht saßen sie da und wärmten sich an ihren Laternen.

,,Das kann doch nicht wahr sein!", sagte Interru, ,,Dass keine Warnschilder aufgestellt wurden, weil, keine Ahnung... HIER EIN DRACHENGEBIET IST??!!" Er stand ruckartig auf und wirbelte umher.

,,Also ne. Ich gehe raus. Da muss es doch Schilder geben.", ,,Aber da sind Monster!", warnte Donnerhau. ,,Easy. Die können mich mal. Wegen dieser Reise habe ich mein Pferd verloren.", ,,Da bist du nicht der einzige.", merkte Shang zitternd und schluchzend an. Dokitura legte beruhigend seine linke Hand auf seine Schulter.

Interru fauchte:,,Also wollt ihr hier sitzen bleiben? Einfach so? Obwohl mein Boss da draußen lungert und darauf wartet, dass ich mich ihm stelle." Dann klappte er schlagartig seinen Mund zu als er sah, was er ausgeplaudert hatte. Jetzt schlatete sich Doki ein:,,B-B-Bitte was?!!", ,,Ich wollte es dir später sagen.", ,,Dein Boss ist hier?!", ,,Ja, nicht gleich um die Ecke, aber er war da, stimmts Shang?", ,,Zieh ja nicht meinen Bruder da mit rein! Er ist ein gefährlicher Kerl. Er würde jeden von uns töten, um zu überleben.", ,,Ja, aber er wird nicht ruhen, bis ich vor ihm stehe." Da kam Ilai von draußen rein und hielt ihnen ein Warnschild vor die Nase. Ein roter Drache war aufgemalt und mehrere Ausrufezeichen. ,,Das lag hinter einem Felsen. Ziemlich gut versteckt, wenn ihr mich fragt."

Interru knurrte:,,Er weiß, wohin wir wollen.", ,,Und was machen wir jetzt?", ,,Ich stelle mich ihm.", ,,Ist das nicht etwas zu gefährlich?", ,,Er wird uns sonst immer wieder in Fallen tappen lassen. Vielleicht kostet es einen von euch das Leben. Ich gehe.", ,,Ich auch.", verkündete Donnerhau, ,,Ich kenne ihn zwar nicht, aber wenn er meinen Freunden schaden will, greif ich ein.", ,,(seufzend) Gut. Ich komme auch." Doki lief voraus und die anderen schlichen hinterher. Die Gefahr war vorerst vorbei. Aber Doki hatte so ein Gefühl, dass sie der Drächin nochmal begegnen werden...

Ilai und Shang_Xi mauerten sich ein und langsam fielen auch ihnen die Augen zu, obwohl es der angespannteste Moment in ihrem Leben war.

 

 

Interru sichtete ein blau flammendes Licht in einem Spalt. Eine Spur führte genau dorthin. Sie war als hätte jemand was dorthin geschleift. Wahrscheinlich der Umhang des Werwolfs.

Bewaffnet kletterten sie an der Steinwand zum Spalt. Drei blaue Fackeln beleuchteten einen kleinen Raum aus dem die traurige Melodie der Uhr erklang. An einem mit Kerzen erstrahlten Tisch saß ein Wesen, bedeckt mit schwarzem Lein. Seine weißen Ohren waren lang und man konnte ihre Spitzen noch hinter seinem Umhang erkennen.

,,Ich gebe dir Rückendeckung.", ,,Danke Donnerhau.", flüsterte er und betrat den Raum. Die Ohren zuckten etwas.

,,Ich bin gekommen, Wolkov." Stockend schaute er ihn mit seinem linken (gesunden) Auge an. Wolkov (So heißt er) lachte (mit seinem Akzent):,,Du bist also doch gekommen. Ich dachte, du lässt dir Zeit.", ,,Willst du eine Revenge oder wieso bist du hier?", fragte der Hutmann zusammenhangslos. ,,Glaubst du ich bin nur hier wegen einer Revenge?!" Er knallte die Uhr zu. ,,Ich habe etwas viel wichtigeres, was mich in das verfluchte Land treibt.", ,,Was dann?" Wolkov legte die Uhr auf dem Tisch ab und sprach:,,Taifun hat einen Putsch gemacht und ich verlor alle meine schwarzen Reiter. Fast alle. Nur du bist zurück, weil du in dem Augenblick nicht da warst. Taifun hat sie versklavt und mit ihnen eine Armee aufgestellt, die ihn noch mächtiger macht. Und ich brauche deine Hilfe, sie wieder zurück zu erobern.", ,,Und was bekomme ich dafür?", ,,ich lasse euch, ja euch hinter der Wand und den Panda leben.", ,,Würdest du ihn sonst umbringen?", ,,Ja, liebend gern." Dokitura knurrte:,,Das hat er jetzt nicht gesagt!", und stürtzte aus seinem Versteck hervor. ,,Nicht!", schrie Donnerhau, aber Wolkov hat sie schon bemerkt. (Schon viel früher)

Er zückte sein Schwert aus Eisdrachenstahl und ließ Dokitura in einem Eisblock vereisen. Als Donnerhau ihn mit seiner Axt angriff, trat er ihn blitzschnell an die Wand und zog die Dolche von Interru um ihn unter den Achseln anzunageln. Das geschah alles so schnell, dass sein Gefolgsmann garnicht merkte, wie er in die Ecke gedrängt wurde. Entwaffnet und verdutzt stand er jetzt da und der Werwolf schleifte seine Klauen am Schwert. Sein rechtes Glasauge blickte ihn starr an. ,,Ich kann dich nicht leiden, aber du bist mein Gefolgsmann. Und ich passe auf meine Leute auf.", ,,Auch nachdem ich dir das angetan habe?" Er deutete auf das Glasauge und die Narbe. ,,Auch nachdem.", seufzte der Anführer, ,,Aber wen juckt schon mein eines Auge. Ich bin immernoch der selbe siebenhundert (ohne Witz) Jahre alte Werwolf mit einem gebrochenem Herzen, der sich nur um sich schert. Ich lasse euch nur leben, weil ich euch brauche. Also. Was sagst du?" Interru zögerte, ihm in die Hand zu schlagen, aber etwas anderes blieb ihm nicht übrig. Wolkov hielt sein Wort. Immer. 

Später schlug er ein und grinsend befreite Wolkov Dokitura aus dem Eis und entfernte Donnerhau von der Wand. ,,Hallo, Dokitura." Dabei rollte er das R sehr betont. Dokitura:,,H-Hallo, Wolkov.", ,,Lange ist es her nachdem wir uns vor Jahren auf einer Reise trafen, die zum gleichen Ziel führte.", lachte er, ,,Nun. Damit es etwas schneller geht... Ich weiß, wo eure Pferde sind." Ihre Augen hellten auf. ,,Aber Dokitura... Dein Pferd hat es leider erwischt." Er klopfte ihm auf die Schulter und sie verließen den Spalt. So komisch es auch klingen mag - zusammen.