Werwolf-Mentor
Ein sanfter Sonnenstrahl kitzelte Shangs schwarze Nase. Das Licht ging quer durch die Lücken zwischen dem dichten Bambus. Es war noch sehr früh und er wäre eigentlich nicht aufgestanden, hätte er nicht das Gefühl, dass er ganz alleine im Haus war. Nein, tatsächlich war er das nicht. Donnerhau ist nicht einmal aufgewacht und ilai lag auch noch im Bett. ,,Wo ist Wolkov?", wisperte er als er sich hinter der Tür in sein Zimmer beugte. ,,Irgendwo draußen bei deinem Großvater. Hey, schau dir das mal an!" Er spielte mit einem kleinen Holzklotz, der verziehrt war mit chinesischen Zeichen. ,,Leg es besser wieder zurück und steh auf!", ,,Oh ne! Es ist so kuschelig weich hier." Aber er stand trotzdem auf und fütterte seinen kleinen Drachen. Shang lief raus auf die Straße, wo schon voller Betrieb herrschte. Alle trasportierten auf ihren Köpfen Kisten voller Essen. Amphiteren tranken aus einem Brunnen und als sie Shang bemerkten, streckte sich ein Kopf nach dem anderen in die Höhe um ihn besser sehen zu können. ,,Mach mal Platz!", brüllte der junge, große Pandai vom vorigen Tag. Han, wenn ich mich recht entsinne. ,,Oh, hallo." Shang wollte keinen Ärger und winkte sogar. Han knurrte: ,,Suchst du Streit? Hau lieber ab, bevor ich dich fertig mache.", ,,Das ist aber nicht sehr nett.", ,,Du bist ein Mischling. Dir söllte man keinen Respekt zollen. Das hat mir mein Meister beigebracht. Und der hat den schwarzen Gürtel. Wenn der dich kriegt-", ,,Dann bist du dran." Shang 2 stand plötzlich an Shang 1s rechten Seite. ,,Er steht unter meinem Schutz. Und du, Han, kümmere dich um deinen eigenen Kram und komm ja nicht zu spät zum Training!", ,,Ja, Meister." Er verbeugte sich und legte seine Pfoten aneinander. ,,Guten Morgen, Shang_Xi. Dein Großvater erwartet dich an unserer Meditationsinsel.", ,,Und wo finde ich die?", ,,Bo Hua wird dir den Weg weisen." Damit verließ er ihn und Bo stand schon neben ihm. ,,Hi.", ,,Hi. Du weißt, wo mein Großvater ist?", ,,Folge mir einfach." Sie tippelte leise über den Boden. Lien stand wieder in der dunklen Gasse und kaute auf einem Knochen rum. Nicht einmal ein Grüßen schickte sie ihnen, sondern einen höhnischen Blick. Ohne ein Wort stiefelten sie an ihr vorbei und Bo führte ihn zu einem flachen Flusslauf. Ganz viele Seerosen blühten und bewegten sich mit dem Sommerwind. Das warme Wasser reichte kaum bis zu den Knien, aber man spürte den Sand unter den Füßen nachgeben. Die Insel war klein und ein Baum mit rosa Blühtenblättern wuchs auf ihr und legte sie komplett in seinen Schatten. Angelehnt an seinen dunklen Stamm saß Li und sein Bart schaukelte mit jeder Brise. ,,Ich gehe dann mal. Li gestattet es mir nicht, auf die Insel zu kommen.", ,,Wieso nicht?", ,,Sie ist ein heiliger Ort. Nur ein wahrer Meister darf sie betreten und ich habe nicht einmal einen." Sie lachte kurz auf und watete davon. Shang 1 trat auf den heiligen Boden und setzte sich sich neben seinen Opa. ..Guten Morgen, Shang.", ,,G-Guten Morgen.", ,,Wladimir hat mir erzählt, dass ihr zu den Sümpfen von Noràli wollt, aber du kannst nicht kämpfen." Er schaute ihn finster an. ,,Oh man. Was bringen die euch denn in der Schule bei?", ,,Lesen, Schreiben.", ,,Das müssen nur Priester! Reisende brauchen Kraft und eine Technik, die alle Gegner buchstäblich umhaut. Deswegen bin ich zu dem Entschluss gekommen..." Er rappelte sich langsam auf. ,,Dass du einen Meister brauchst.", ,,Einen- Meister?", ,,Ein Meister lehrt dich die Kunst des ehrenhaften Kampfes und der ist nicht leicht. Man will immer seine Gegner austricksen, aber das hat etwas mit der Strategie zu tun." Er faltete seine Pfoten hinter dem Rücken. Sein Mantel war geschmückt mit Federn und seine Hose war umwickelt mit einem Gürtel aus Seeschlangenhaut. Kleine Kristalle wandten sich um seine Kleider und ein glänzendes Cape verdeckte den Rücken. (Er war um einiges reicher als die anderen Dorfbewohner/Pandai) ,,Und mir ist niemand geringeres eingefallen, der der beste Meister wäre, den man haben kann, und er heißt Wladimir Wolkov.", ,,Wolkov? Aber er ist so brutal und ein Werwolf.", ,,Ich weiß und genau deswegen habe ich ihn für dich ausgesucht. Kein Lesen und Schreiben! Harte Arbeit.", ,,Und was, wenn... Ich meine... Wir sind nur Freunde, er kann doch nicht einfach mein Meister werden.", ,,Er hat es selber vorgeschlagen.", lachte Li, ,,Und er trainiert schon Phönix auf dem Platz. Geh hin und frag nach Aufgaben." Für einen Moment blieb Shang 1 wie angewurzelt stehen. Er wünschte, er wäre der Baum. Den kann niemand rausreißen! Wolkov hat sich zwar geändert, aber plötzlich zu einem Menschen werden, das geht nicht. Und das hat man auch mit dem Myrmexwächter gesehen, den er erbarmungslos totgeschlagen hatte. Was wenn er (ausversehen natürlich) in Blutrasen gerät und ihn tötet? Li aber schien sehr überzeugt von seinen eigenen Argumenten und entsandte ihn auf den Trainingsplatz. Während er durch's Dorf schlurfte, gingen ihm hundert Sachen durch den Kopf, was passieren könnte. Dann riss er sich zusammen: ,,Ich werde noch zu Doki, wenn ich so denke!" Trotzdem ließ er sich viel Zeit. Er zog in seinem Zimmer den Hoodie aus und untersuchte ihn nach Löchern. Und wirklich fand er viele an seinen Armen. Überraschenderweise blieb er unversehrt von all den Gefahren, die so gewesen waren. Von Drachen, Seeschlangen und Myrmex gejagt zu werden und dann noch wenige Tage hintereinander, das war was Neues. Er suchte aus seiner Tasche etwas aus und zog es sich an. Wenigstens sah er nicht mehr so aus wie ein gestrandeter Matrose. Da kam Donnerhau gähnend aus dem Zimmer und fragte, wo der Ausgang sei. Er habe sich in diesem Haus bereits verlaufen. Shang 1 war so nett und führte ihn raus in die Spätmorgensonne. Draco lag zusammengerollt auf einem Fass und Dragunia spielte mit den Amphiteren. Shang_Xi 1 wusste ungefähr, wo der Platz war. Irgendwo, wo alle Schüler hingehen. Nebenbei konnte er noch Lien, Elvinaria und Interru besuchen. Das tat er auch.
Mit einer gespielten guten Laune flitzte er durch den Eingang und musste erstmal blinzeln. (Es war unglaublich duster dort) ,,Shang, was für eine Freude!" Elvinaria war kaum zu erkennen, aber ihr breites Lächeln schon. ,,Interru geht es bald wieder besser. Er hat schon wieder schwarze Haare an den Seiten.", ,,Das ist- WUNDERBAR!", ,,Ja!" Aber Zweifel stieg in ihr auf. ,,Glaubst du, er wird sich an uns alle noch erinnern.", ,,Bestimmt. Wie er sagen würde. Safe!" Das brachte sie etwas zum Lachen und sie fragte ihn, was er heute so machen würde. Er antwortete, er habe gleich sein erstes Kampftraining, verriet ihr aber nicht mit wem als Lehrer.
Als er aus Liens Haus ging, schaute er in die weite Ferne. Der einzige offene Ausgang aus dem Dorf, ging auf die besteckten Felder. Bambus, Seetang und Viehzucht waren dort aufzufinden. Alles, was man zum Überleben braucht. Sogar Süßbeeren! Oh, wie er sie liebt! Aber getrockneter Seetang war das beste der Welt. Hinter den Feldern führte ein reißender, brauner Fluss durch die Grenze. Das war der Fluss zwischen dem Jungel und dem Sumpf. Aber ersteinmal musste er was lernen. Und so trottete er auf den Trainingsplatz. Sand lag auf den Boden. Überall waren Pandai mit weißen Anzügen und verschieden- farbigen Gürteln. Der eine weiß, das waren die ganz kleinen, blaue, grüne, sogar rote Gürtel. Und in diesem ganzen Tumult erkannte er Shang 2, den einzigen mit schwarzen Gürtel. Und er kämpfte gegen einen Älteren mit einem braunem. Und wie er kämpfte! Er trat mit seinen Füßen, holte aus, sprang über ihn und trat wieder. Der arme alte Pandai fiel zu Boden und sein dicker Bauch wabbelte vom Aufprall. ,,Uff. Ich glaube, gegenüber ihm ist Wolkov ein Welpe." Da stand der "Welpe" schon. Ohne Anzug, nur mit Hose und der goldenen Kette um den muskulösen Hals. Sein rechtes, zerkratztes Auge war ihm gerichtet und er hörte nur wie er zu ihm schlich. ,,Da bist du ja endlich!" Sein russicher Akzent war warm und lebendig. ,,Du zitterst ja schon! Keine Sorge, mein Training ist am Anfang harmlos." Er nahm ein Stück Stoff und legte es um seine Schultern. ,,Ich machte eine Pause und du hörst mir aufmerksam zu!", ,,Ok.", ,,Lektion 1-", ,,Jetzt schon mit unserer Lehre meinst du?", ,,Ja, wann denn sonst. Und unterbrich mich nicht!", ,,Entschuldigung.", ,,Lektion 1: Ehrenhaft Kämpfen! Das bedeutet, niemanden von hinten angeifen, niemanden ohne Waffen und keine Enderperlen nutzen. Ehrenhaft bedeutet, deinem Feind in die Augen zu blicken und seine Waffe im Glühen deines Blickes blinken zu sehen.", ,,Das war eindeutig." Auf einmal spürte er etwas in der Tasche aufheizen. Es wurde immer heißer und er holte es raus. Es war der Diamant von seinem Onkel. Wie ist er in seine Tasche gekommen? Hat er ihn mitgenommen? ,,Was ist das?", ,,Der Diamant meines Onkels. Er sagte, er würde allen das Leben retten irgendwann. Und jetzt glüht er wie Lava." Wolkov streckte seine Tatze aus und zuckte zurück. ,,Hehe, Phönix' Hitze hat deine Pfoten unempfindlicher gemacht. Das ist gut! Pack ihn wieder ein und vorbereite dich auf dein Training." Shang 1 tat, was er sagte und machte sich fertig. ,,Lektion 2: Im Kampf gibt es nur drei Schritte. Angriff, Abwehren und Ausweichen. Welche wäre die bessere, wenn ich das mache?" Er sprang unerwartet und mit ausgestreckten Krallen auf den kleinen Pandai und zeigte seine blanken Zähne. Shang 1 rollte erschrocken zur Seite. ,,Sehr gut! Was war das?", ,,Ausweichen.", ,,Und das?" Er packte einen Bambusstab und wollte seinen Kopf damit einschlagen, aber er nutzte seine Hände, damit er ihn nicht traf. ,,Abwehren!", ,,Und jetzt greif an!" Er stürtzte sich mit dem Kopf an seinen Bauch. Wolkov machte einen Rückwärtssalto und schnappte schnell nach seinem Ohr. ,,Fast genauso gut, wie Taifun vor hundert Jahren.", knurrte er und ließ los. ,,Und die letzte Lektion. Lerne deinen Gegner kennen. Finde seine Schwächen und meide seine Stärken. Mache keine Pausen und nutze jeden Schritt bedacht. Nun. Schau mich an! Was sind meine Stärken?", ,,Deine Geschwindigkeit und dein Gehör.", ,,Und meine Schwächen? Jetzt bin ich gespannt.", ,,Keine Ahnung.", ,,Mein Rücken und mein Bauch.", ,,Na schön. Das verrätst du aber nur mir, nicht deinem Gegner!", ,,Hahaha!" Shang griff nach einem Bambusstab und schlug auf Wolkov seinen. Der Wolf war nicht blöd. Er versuchte seine Füße zu treffen, aber Shang 1 nutzte die Gelegenheit um ihn zu treten. Wolkov lachte nur und wedelte mit dem Stab wie ein Meister. Dann streckte er seine linke Hand aus und eine Windböhe schlug Shang 1 entgegen. ,,Und nutze deine Umgebung. Zum Beispiel den Staub." Shang_Xi wischte ihn sich aus dem Gesicht. Wenn das ein echter Kampf wäre, hätte Wolkov genügend Zeit gehabt, um ihn zu... besiegen.
,,Aber bevor wir wirklich kämpfen werden, müssen wir etwas an deiner Sportlichkeit arbeiten.", ,,Was soll das denn heißen?", ,,Du bist zu schwerfällig und nicht kräftig genug.", ,,Ich habe dir doch standgehalten!", ,,Haha, nur weil ich einen Gang runter geschaltet habe. Und jetzt laufen wir etwas." Er joggte einfach los und der Pandai stolperte hinterher. So unerwartet wie das Joggen anfing, so endete es auch und verwandelte sich in ein Rennen. Bergab konnte der Halbpandai den Werwolf einfach überholen. Wladimir musste sogar auf alle vier Beine um schneller zu sein. Dabei stieß er einen Freudens-geheul aus.
Vier Tage vergingen. Vier Tage Liegestütze, Sprinten bis auf den höchsten Berg, klettern auf die größten Bäume und Kampftraining mit dem meistgefürchtetsten Werwolf aller Zeiten. (Wolkov wurde sogar in den weltweiten Legendenbüchern verewigt als Schrecken der Nacht)
Sie kamen oft aus der Puste, hielten aber stets zusammen. Und all ihre Arbeit lag im grünen Auge von Li, der sie genau beobachtete, wie ein Geier. Und besonders das glühende Juwel im Shang 1s Tasche. Es weckte in ihm ein Gefühl, welches er jahrelang nicht mehr verspürt hat. Mut. Übermut.
Einen Tag vor seinem Geburtstag gab Wolkov Shang_Xi eine Pause. Die nutze er auch aus.
Er ging zu seinem Großvater und erzählte ihm alles. Vom Training bis zum morgigen Geburtstag. Li rief aus: ,,Dein Geburtstag! Etwas ganz Besonderes. Es wird eine Feier geben, die es noch nie gegeben hatte!" ,,Das wäre... fantastisch!", ,,Und sieh mal nach deinem verletzten Freund. Vielleicht kann er mitkommen.", ,,Der Mann Mit Dem Hut! Stimmt. Da war ja was!" Er rannte auf der Stelle los zu seinem Kumpel.
Und gerade rechtzeitig.
Alle seine Mitreisenden waren dort versammelt und sahen, wie Interru wieder erwachte. Seine Haare waren wieder ganz schwarz und seine Atmung lief wie vorher. Seine Finger zuckten und dann sein Kopf. ,,Komm schon, wach auf!", wisperte Dokitura mitfiebernd. Durch den Eingang sahen Sky, Meteor und Anduin hinein. Plötzlich öffnete er seine fast schwarzen Augen und musste sie gleich wieder schließen. Er drückte sie zu und erwachte erneut. ,,W-Was- Wo- Wie?", ,,Interru!", jubelten alle im Chor und traten näher an das Bett. Lien sprach ruhig: ,,Ich sagen, Heilmittel gut von Myrmex."
Shang schlung sich um seinen Hals und er keuchte. ,,Wie lang habe ich geschlafen? Wie viel Uhr ist es?", ,,Vier Tage und es ist 12 Uhr.", berichtete ihm Doki. ,,Krass.", ,,Geht. Er brauchen Ruhe. Später kommen ihr, wenn ihm besser.", ,,Kann er morgen zu Shangs Geburtstag kommen?", ,,Natürlich kann ich das, Doki! Darf ich dich wieder Doki nennen?", ,,Klaro, Kumpel." Ilai tanzte glücklich im kleinen Zimmer und Shang rief: ,,Mission erfüllt!"
Doch auf einmal traf es Interru wie durch einen Blitz. ,,Ein schwarzes Schaf! Ein schwarzes Schaf ist unter uns." Und das klang nicht gut.
Gibt es einen Verräter und wenn ja, wer kann es sein? Schreibt es in die Kommentare!
Kommentare
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Kp. Safe nur eine Falle oder Li ist es. Ich traue ihm iwi nicht. So nett seine Enkel aufgenommen... Weiß ich net.