Ein neues Zeitalter beginnt!

Die Glocken läuteten. Sie hallten über das ganze Gebirge, vom Schwarzen Vulkan bis zum Bergfluss im Osten. Trompeten und Posaunen tröteten mit ihrem eigenen Echo. Der braune Adler war auch da und flog um den nächsten Berg um die wiederauferstandene Stadt zu sehen. Zinnen und Masten, Türme mit silbernen Kupeln und die Burg Fidavel. So wurden aus Ruinen neue Tore zu neuen Zeiten geöffnet. Der Adler landete auf dem Dach des Bergfrieds und betrachtete das Tal. Durch den Tunnel im Berg stürmten die Dorfbewohner den Platz, erstaunt  über die Architektur. Natürlich hätte das Team das alles nicht ohne die Flugtiere nicht geschafft. Außerdem war die Stadt noch lange nicht vollständig aufgebaut. Es standen noch halbe Häuser rum, die es zu bedecken sei. Pieksi führte die Pferde in ihren neuen, geschmückten Stall. Elvi kleidete die Greifen feierlich an, umwarf sie mit goldenen Ketten und Diamantrüstungen. Donnerhau und Ilai standen wie Wächter vor den Türen der größten Halle und alle wollten ihre Drachen streicheln, die doppelt so groß waren wie sie selbst. 

In seinem Zimmer lief Shang nervös hin und her. ,,Mir fehlt ein Knopf... Ah, da ist er ja!", ,,Shang.", ,,Und ich muss noch meinen Umhang so um die Schultern... Ach, er ist zu groß...", ,,Shang.", ,,Ja, was ist Doki?!", ,,Du bist zu nervös. Lass mich den Umhang um deine Schultern werfen." Das tat er auch und knüpfte ihn am Hals zu. ,,Wie sehe ich aus?", fragte der baldige König mit zitternder Stimme, ,,Soll ich meine Stiefel polieren? Soll ich mein Fell etwas glätten? Soll ich-?", ,,Du siehst super aus." Er hatte ein rotes Jacket mit goldenen Knöpfen, sein Gürtel war aus weißem Leder und verzeihrt mit goldenen Mustern, seine Hose war rot und wieder mit goldenem Schnickschnack. Der Halbpandai pfiff: ,,Das ist mir zu kitschig." Wolkov kam durch die Tür und fauchte erschrocken: ,,Oh Gospodi! (Oh Gott) Was hat man dir angetan? Du siehst aus wie eine Pappfigur.", ,,Soll er etwa in seinem Hoodie gekrönt werden?!", warf Doki empört ein. ,,Nein, nein... Er soll nur." Der Werwolf lief auf ihn zu, warf den Umhang zu Boden und knüpfte das Jacket wieder auf, so dass man das weiße Hemd sehen konnte. ,,Perfekt." Er hing ihm eine Kette mit einem ozeanblauen Saphir um. ,,Habe ich in der Kammer deines Großvaters Li gefunden." Der Saphir war wunderschön. ,,Es wird Zeit.", rief Bo Hua von unten und Shang ging langsam die Treppen hinunter.

Alle warteten in der Halle und Friedrich stand neben dem Tron. Ach, diese Halle. Gold an der Decke, drei riesige Mosaike, Marmorboden und Marmorsäulen. Vor Aufregung blieb Shang_King wie angewurzelt stehen. ,,Was ist los, mein Schüler?", ,,Ich habe das nie erwartet. So viel Verantwortung kommt mit diesem einen Moment- Ist das Schicksal, dass ich nun König bin?", ,,Wahrscheinlich.", murmelte Wladimir, ,,Aber es waren die kleinen Dinge die dich hier in die Halle gebracht haben. Deine Belesenheit zum Beispiel oder dein Ehrgeiz. Natürlich hast du es nicht erwartet, aber wer hat denn schon seine Veränderungen im Leben vorhergesehen." Das Orchester erklang und Shang trat weiter. ,,Ich werde das schon schaffen...", dachte er sich und ging langsam über den roten Teppich. Viele Augen waren auf ihn gerichtet und das machte ihn noch nervöser. ,,Wie bei einem Referat.", sagte er sich im Kopf, ,,Der wirklich peinliche Teil ist, wenn niemand klatscht." Und in nullkommanichts war er schon auf der Anhöhung. Leise trommelten die Trommeln. Shang setzte sich möglichst schnell auf den Tron. Er griff so fest in die Handlehnen, dass seine Fingerspitzen taub wurden. Das merkte sein Meister, der hinter ihm stand und klopfte ihm beruhigend auf die linke Schulter. ,,Nun", fing Friedrich an, ,,Diese ganze Aktion war so spontan, dass ich keinen Text habe. Deswegen erzähle ich aus den Gedanken." Er wandte sich an den Halbpandai. ,,Shang_King, du wirst der erste König nach mehr als tausend Jahren sein. Auf dir liegt eine große Last. Deine Rolle als Anführer wird gerne mal ausgenutzt, also sei vorsichtig. Aber wir, dein Volk. vertrauen dir. Vorerst." Von einem roten Kissen hob er eine goldene Krone auf, die mit roten Rubinen versehen war. So glänzend wie der Wasserfall bei Alma und ihren Hippogreifen. Die Edelsteine so hell wie das Mondlicht der Nacht in der Tundra.

Driedrich setzte sie ihm behutsam auf den flauschigen Kopf. Seine mit Falten überzogenen Hände zitterten leicht, aber als er es getan hat, wurde er wieder ruhiger und verbeugte sich vor seinem König. Shang schob sich mit den Armen vom Tron ab um allen direkt ins Gesicht zu schauen. Es kam kein Applaus. Nur das Team klatschte laut und pfiff über beide Ohren. Die Dorfleute starrten ihn finster an. ,,Äh. Ich weiß, dass das alles sehr unerwartet und komisch ist. Ein Pandai war noch nie zuvor König." Er hörte Huram auf den Boden spucken und zuckte zusammen. ,,... Ich weiß selber nicht, wieso ich diese Krone verdient habe. Ich..." Er setzte sie ab und legte sie wie ein uraltes Erbstück (was es tatsächlich war) auf den Tron. ,,Auf unserer Reise", fuhr er fort ohne das Publikum anzusehen, ,,Begegnete ich der Gefahr. Taifun sucht Wege um unser Land einzunehmen." Magnus tat auf schlau: ,,Aber wir sind hier unter dem Schutzschild des Landes sicher.", ,,Nicht mehr lange.", erwiderte der König und seine Stimme hallte als Knurren durch den Saal. ,,Das Schild wird durch den Erwähler erhalten und dieser hat mit mehr als unserem Land zu tun. Taifun jagt ihn seit den Anfängen seiner Tyrannei. Wenn er ihn findet, gibt es keine Hoffnung mehr für uns." Wolkov klappte den Mund auf. Er hat das nicht gewusst. Aber woher wusste Shang das? ,,Ich werde dafür sorgen, dass er diese Burg nicht einmal berührt. Und hoffentlich das ganze Reich. Doch dafür brauche ich mehr Wissen und dieses bekomme ich nur durch Abschluss an einem Gymnasium.", ,,Also lässt du uns hier zurück?", ,,Was ist mit den Ernten? Seit Jahren gab es keine größere Dürre als heutzutage.", riefen die Bauern. Wolkov bat alle um Ruhe. ,,Unser König wird dafür sorgen, dass auch ihr ein besseres Leben habt." Er nickte ihm zu und die Versammlung wurde beendet.

Bis in die Nacht hinein saß Shang auf dem Tron und musterte die Edel-steine auf der Krone. ,,Doki.", ,,Ja, Bruder?", ,,Jemand schickt mir Visionen. Ich hatte das lange nicht mehr. In einer wurde mir erklärt, dass er bald Mächte hat, die selbst die des Wendigos übertreffen. Er wird ihn finden und töten.", ,,Sollen wir ihn warnen?", ,,Er weiß schon lange bescheid, aber wir nicht. Deswegen brauche ich dich, den Neuen (er meinte Dittmad), Ilai und Donnerhau. Solange ich nicht da bin, werdet ihr die vier Himmelsrichtungen bewachen müssen und die Bewohner.", ,,Und du gehst also zu deiner alten Schule.", ,,Habe ich eine Wahl? Nur als Schüler darf man in die Schulbibliothek in der ein geheimer Gang liegt." Doki stellte sich neben ihn und wisperte: ,,Du weißt sehr viel.", ,,Mag sein. Visionen sind nur Möglichkeiten und hoffentlich die Richtigen. Das weiß man nie so genau." Er seufzte laut. ,,Hätte Interru das alles überlebt, hätten wir vielleicht einen weiteren Helden an unserer Seite." Sie blickten betrübt aus dem Fenster.

Der Mond schien hell und die Sterne auch.  ,,Ich fühle mich weise. Und irgednwie müde. Nach dem Tod von Interru sind all meine Fragen auf einmal verschwunden. Als ob es sie nie gegeben hat. Wobei... Doch... Da ist noch eine! Wieso waren die Symphalischen Vögel nicht im Sumpf, als wir zurückkehren wollten?", ,,Was sind das denn für Dinger?", hakte Doki nach. Shang meinte: ,,Es sind braune Geier, die Metallfedern schießen. Sie leben in den Sümpfen von Noràli. Ach, bestimmt nur ein Zufall, nicht wahr?" Es folgte eine lange Pause. Plötzlich meinte Shang_King: ,,Ich nenne das Königsland Hebriel.", ,,Wieso?", ,,Das ist die Sprache der Magheti (halb Mensch, halb Leopard) und bedeutet unbesiegbar. Stand in Interrus Tagebuch."  Er schmunzelte und vergaß für einen Augenblick die Angst vor der Zukunft. Und genau das brachte seinen Mut zurück. Selbst im Angesicht von Taifun.