Das Riesenrudel
Thando flog ziemlich hoch über unendlichen Weiß. Unter ihnen lagen schneebedeckte Fichtenwälder, verschneite Wiesen und Ruinen einer vereisten Stadt. ,,Was war das?", ,,Die Stadt Muedon. Damals als Cryona (die Schreckenskönigin) noch ein Mensch war, lebte sie dort mit ihren Vettern Fletscher und Grog. Doch die Stadt ging mit dem Unendlichen Eissturm unter und ihre Einwohner wurden zu Untoten. Wisst ihr etwas vom Unendlichen Eissturm?", ,,Natürlich.", antwortete Shang_King, ,,Das ist der Eissturm, den der Erwähler (Wendigo) heraufbeschwor um die Magrianer zu... Warum eigentlich?", ,,Die Magrianer haben sich in die Gesetzte der Natur und der Magie eingemischt." Nur wenige Sekunden später kündigte er einen starken Wind an und viel Schnee. Sie krallten sich in die Riemchen zwischen den Rüstungsteilen und vertrauten auf seine Orientierung. Plötzlich umhüllten sie dichte Schneeflocken. Eigentlich mochte Doki das Spiel mit den Flocken; wie sie in leichten Brisen flatterten, sich kreisten und dann am Boden ankamen, aber das war kein Spiel. Es war ein Krieg zwischen den großen Flocken und den kleinen. Sie stießen zusammen, entfielen und prallten mit viel Gewicht auf den Boden. Und der Wind wirbelte sie wieder zu den Wolken, trieb sie in die Berge oder zu großen Eishügeln zusammen. Bei diesem Chaos kam man selbst durcheinander. So war es kein Wunder, dass Anduin, Meteor und Sky sich verflogen und den Eisdrachen aus dem Blick verloren. Anschließend bemerkte Wolkov, dass sie fehlten. ,,Wieso landen wir nicht einfach?", ,,Seid ihr verrückt?", raunte Thando möglichst leise (wie halt mit einem Drachenhals möglich), ,,Hier stehen die zwei Mausoleen der Eisarmee. ´Hier zu landen ist selbst für mich ein Todesurteil." Deswegen landete er tunlichst am Rande eines Fichtenwaldes, weit weg von den schwarzen Palästen, die in der Ferne hervorstachen. ,,Ich suche die drei Hippogryphen. Ihr geht weiter in diese Richtung. Wir sehen uns bei Serkan.", ,,Aber- Aber-", ,,Versucht euch zu wärmen." Damit war Thando verschwunden und das Team stand wehrlos im Schneesturm, ohne Essen oder die Hippos. ,,Panik?", fragte Ilai. ,,Noch nicht.", antwortete Wolkov trocken, ,,Folgt mir!"
Sie stiefelten also durch den Schnee, der wie eine ganze Unterwelt sich vor ihren Füßen erstreckte. Jeden Moment drohten sie in ihm zu versinken. So weit, so gut. Jedoch erkannte Shang am Rande des Waldes mehrere neugierige Augenpaare. Gelb, Lila, Grün, Blau. Sie starrten ihnen hinterher, aber wenn sie nur etwas zu nahe kamen, waren sie wie weg. Irgendwann beschloss Interru nachzusehen. ,,Leute.", ,,Was ist da?", ,,Ich glaube, wir sollten etwas schneller von hier weg.", Er holte Luft, ,,Das sind Fußspuren eines gigantischen Wolfes." Wie auf Kommando sprang ein brauner Wolf aus dem Dickicht, packte Interru am Fuß und schleppte ihn weg. Er war so schnell, dass selbst Wolkov seine Gedanken erst viele Sekunden später sammelte. Es war, als ob der Hutmann da war, es aber nicht war. (Versteht ihr, was ich meine?) ,,Äähhh- Sollen wir ihn jetzt da rausholen?" Wolkov rollte mit seinem Auge und knurrte: ,,Aber das kann auch wirklich nur ihm passieren." Er hastete durch den Schnee, der bis zur Hüfte ging. Der Wind wollte nicht aufhören zu heulen, zerrte an seinem Fell, biss ihm kalt an der empfindlichen Wolfsnase. Aber im Wald war es ruhig. Die Amphitere Zora streckte ihre Flügel aus um, als Schirm wirkend, den äußeren Wind abzufangen. Bo Hua kuschelte sich in die Decke ein und hielt sich ganz nah an Vivaldi. Dragunia, die schon einen Meter groß war, suchte die Schleifspuren von Interru auf und führte Wladimir, Shang und Doki zu einer Höhle. ,,Der Bau.", murmelte der Werwolf.
Sie schlichen näher ran. Ein riesiger blau-grauer Wolf mit hellblauen Augen und eine schneeweiße Wölfin mit roten Augen (sie sah aus wie ein Albino) standen am Eingang und prüften die eiskalte Luft. Jeder Atem ging als kleine Wolke an die Nadeln der Fichten. Aus dem Gang kam eine alte hellgraue Wölfin und sprach in menschlicher (für das Team verständlicher) Sprache: ,,Captain Black will euch zwei sehen. Shark hat einen Menschling mitgebracht. Er will wissen, ob es einer vom Dorf ist." Die zwei Wölfe gingen ruhig in ihren Bau zurück. Wolkov ergriff die Chance und jagte ihnen hinterher. Die alte Wölfin wandte ihm ihren blauen Rücken zu und er konnte leicht an ihr vorbei. Plötzlich kam ein weit aus größerer und haariger Wolf hinter der nächsten Abbiegung hervor. Er bellte die drei Wölfe an, aber weder Wolkov noch Shang wussen, was sie da beredeten. Schließlich knurrte ihn die Alte an und ihre magische Fellzeichnung begann zu flackern. Der schwarz-weiße Wolfsgigant fletschte die Zähne und zog sich zurück, blieb aber stehen und schnüffelte in Richtung der Gruppe. Er schielte zu ihnen, konnte sie aber trotzdem nicht entdecken. Mit stolz erhobener Nase stolzierte er weiter. Gerade wollten sie weiter als er zurücksprang und Wolkov zu Boden drückte. Wehrlos lag der sonst so große Werwolf unter dem beinahe drei Meter großen, schwarz weißen Wolf. Jetzt erkannten sie, dass er beinahe nicht mehr durch die breiten Gänge passte. Er biss Wolkov in den Kragen und schleifte ihn wie ein zu großes Katzenjunges in einen weiteren Gang. Doki und Shang tippelten hinterher. Nur wenige Meter weiter war eine große Höhle, in der ein weißer Stein in die Höhe ragte. Auf ihm saß ein schwarzer (nicht ganz kleiner) Wolf mit himmelblauen Augen, zu seiner rechten der Wolf, der Interru entführt hat. Shark. Die alte Wölfin übersetzte dem schwarzen Reiter alles, was sie sagten. Wortlos warf der größte Wolf Wolkov in die Mitte. Der schwarze Wolf runzelte die Stirn. ,,Captaiin Black wundert sich über so viel Besuch. Wer behauptet ihr zu sein?", ,,Interru! Schwarzer Reiter aus dem Königreich.", rief der Hutmann sofort und setzte den Hut ab. ,,Wladimir Wolkov. Anfü- ehemaliger Anführer der schwarzen Reiter." Captain Black, so hieß anscheinend ihr Alpha, warf ihm einen herablassenden Blick zu. ,,Was wollt ihr hier? Seid ihr auf der Jagd nach uns?", ,,Nein. Wir wollen nur nach Hause.", ,,Gibt es noch mehr von euch?" Wolkov schüttelte heftig den Kopf. Shark knurrte. ,,Shark meint, dass ihr lügt, Wladimir Wolkov.", übersetzte die Wölfin. Shark brummte etwas. ,,Sogar mit Kindern." Captain Black heulte und zwei Wöfinen kamen. Er schickte sie aus der Höhle. Geschockt starrten Interru und Wolkov ihnen hinterher. Sie hörten das Geheul in den Gängen verstummen und danach rissen sie sich wagemutig aus dem Fängen der Wölfe. Wolkov sprang über ihre spitzen Ohren und Interru nahm den nächsten freien Pass. Verwirrt eilten die Riesenwölfe ihnen nach. Doki und Shang rasten schnell aus der Höhle bevor sie entdeckt wurden. ,,Schneller! Sie werden sonst Bo, Maja und Ilai einfach runterschlucken!", rief Doki und grub sich mit seinem Diamantschwert einen schmalen Weg zwischen den Schnee. Panisch paddelten sie sich durch die weißen Massen.
Doch was sie sahen, war unerwartet. Die zwei Wölfinen legten sich neben die halb erfrorenen Kinder und um Ilai. Sie erstarrten und senkten die Waffen. ,,Was zum... Wollten sie euch nicht fressen?", stotterte Dokitura. ,,Sie kamen und legten sich neben uns. Ihre Bäuche sind sehr warm." Hinter Shang erschien der schwarze Alpha und die graue, alte Übersetzerin. ,,Captain Black sagt, er sah, dass ihr keine vom Dorf seid. Sein Bruder Blue sagte, dass ihr nach Thando riecht und Thando ist ein guter Freund vom Riesenrudel. Er fragt, ob ihr zu Serkan gehört.", ,,Ja. Also wir sind seine Freunde. Wir waren auf dem Weg zu ihm." Captain Black nickte. Die Alte: ,,Er meint, er würde euch zu ihm führen, wenn ihr versprecht, keine Aufmerksamkeit von den Jägern auf sich zu ziehen.", ,,Wir versprechen es hoch und heilig.", sprach Ilai und winkte hinter dem Wolfsfell hervor. ,,Major! Blue! Snow! Leaf! Ihr werdet ihnen eine Reitmöglichkeit bieten. Der Alpha sagt, morgen zieht er mit euch los. Nachts patrouliert die Eisarmee."